Heute gibt es unsere geballten Antworten zu den Daily D Questions der vorletzten beiden Woche. Viel Spaß beim Lesen.
Montag – Frage 31
(a) Ein Anmelden nimmt seine Europäische Patentanmeldung einen Tag nachdem er erfahren hat, dass seine Europäische Patentanmeldung als A2-Schrift veröffentlicht werden soll, zurück.
(b) Ein Anmelden nimmt seine Europäische Patentanmeldung zurück, bevor die 4-Monatsfrist zur Beantwortung der ersten Artikel 94(3)-Mitteilung des EPA, in der er aufgefordert wird die Beschreibung, die Ansprüche und die Zeichnungen zu ändern, zurück.
Gefragt war, ob und wenn ja welche Gebühren vom EPA in diesen beiden Fällen zurückerstattet werden.
Antwort
(a) A2 Schrift: bisher kein Europäischer Recherchenbericht ergangen
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 114, DI-98
Rückerstattung einer Recherchengebühr nur, wenn die Recherche noch nicht begonnen hat;
eine bereits gezahlte Prüfungsgebühr wird zurückerstattet, gleiches gilt für bereits gezahlte Benennungsgebühr, da diese erst mit dem Hinweis auf Veröffentlichung des ESR fällig wird
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 193, DI-315 und S. 194, DI-319 – 320
(b) 50% der Prüfungsgebühr werden erstattet, wenn die Anmeldung nach Beginn der Sachprüfung, aber bevor die Frist zur Beantwortung der ersten Art. 94(3) EPÜ Mitteilung abgelaufen ist, zurückgenommen wird
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 194, DI-319
Benennungsgebühr wird zurückerstattet, wenn Anmeldung zurückgenommen wird, bevor der ESR veröffentlicht wird
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 193, DI-315
Dienstag – Frage 32
Ein Europäisches Patent bezieht sich in Anspruch 1 und den abhängigen Ansprüchen 1 bis 4 auf X und in den unabhängigen Ansprüchen 5 bis 9 auf Y. Ein Einspruch gegen die Erteilung des Patenten wurde nur gegen die Ansprüche 1 bis 4 eingelegt, gestützt auf die Tatsache, dass der Inhalt dieser Ansprüche gegenüber einem Dokument D1 nicht erfinderisch sind. Nach Ablauf der Einspruchsfrist reicht der Einsprechende ein weiteres Dokument D2 ein und argumentiert, dass der Inhalt aller Ansprüche nicht neu gegenüber diesem Dokument sind.
Gefragt war nun, ob er damit Erfolg hat.
Antwort
Einspruch kann nur auf die innerhalb der Einspruchsfrist genannten Ansprüche gestützt werden (G9/91)
Nachgereichtes Dokument D2 nur wenn prima facie relevant und generell nur gegen genannte Ansprüche, hier also nur gegen Ansprüche 1 bis 4 verwendbar
Nachgereichtes Dokument D2 nur wenn prima facie relevant und generell nur gegen genannte Ansprüche, hier also nur gegen Ansprüche 1 bis 4 verwendbar
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 119, Rnr. 290 und 293
Mittwoch – Frage 33
Die Beschwerdekammer hat ein Europäisches Patent im Einspruchsverfahren, auf Grundlage eines vom Einsprechenden während der mündlichen Verhandlung hervorgebrachten Dokumentes, widerrufen. Zwei Jahre später erfährt der Patentinhaber, dass das Dokument gefälscht war.
Gefragt war nun, (a) was der Patentinhaber tun kann, (b) was passiert, wenn bereits ein Dritter das im widerrufenen Patent beschriebene Produkt produziert und (c) was der Patentinhaber tun kann, wenn er die unter (a) genannten Schritte nicht innerhalb der Frist unternommen hat.
Antwort
(a) Antragsstellung auf Überprüfung durch die Große Beschwerdekammer innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung der Beschwerdekammerentscheidung oder bis 2 Monate nach Feststellung der Straftat, aber bis maximal 5 Jahre nach Zustellung der Beschwerdekammerentscheidung
(b) Produktion darf fortgesetzt werden (Art.112a(6) EPÜ)
(c) keine Weiterbehandlung, aber Wiedereinsetzung, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 143, DI-173 iVm S.156
Donnerstag – Frage 34
Während der Sachprüfung schlug die Prüfungsabteilungen Änderungen vor, denen der Patentanmelder nicht zustimmte. Folglich wurde die Europäische Patentanmeldung zurückgewiesen. Der Anmelder reichte Beschwerde und gleichzeitig einen geänderten Anspruchssatz ein, in dem er die Vorschläge der Prüfungsabteilung berücksichtigt hat.
Gefragt war, ob die Entscheidung der Prüfungsabteilung zurückgenommen wird (a) und welches Frist von Bedeutung ist hierfür maßgeblich bzw. ob die Beschwerdegebühr bei unverzüglicher Nachbesserung zurückgezahlt wird (b).
Gefragt war, ob die Entscheidung der Prüfungsabteilung zurückgenommen wird (a) und welches Frist von Bedeutung ist hierfür maßgeblich bzw. ob die Beschwerdegebühr bei unverzüglicher Nachbesserung zurückgezahlt wird (b).
Antwort
(a) Abhilfe ist möglich, wenn: (1) ein einseitiges Verfahren vorliegt (Prüfungsverfahren ist ein solches) und (2) die Beschwerde zulässig und begründet ist.
Abhilfe durch das erstinstanzliche Organ (hier Prüfungsabteilung) ist zwingend, wenn mit der Beschwerde gleichzeitig Änderungen eingereicht werden, die die Einwände eindeutig gegenstandslos machen [T139/87; ABl.1990,68].
Dies ist hier der Fall, weshalb die Entscheidung durch die Prüfungsabteilung zurückzunehmen ist.
Abhilfe durch das erstinstanzliche Organ (hier Prüfungsabteilung) ist zwingend, wenn mit der Beschwerde gleichzeitig Änderungen eingereicht werden, die die Einwände eindeutig gegenstandslos machen [T139/87; ABl.1990,68].
Dies ist hier der Fall, weshalb die Entscheidung durch die Prüfungsabteilung zurückzunehmen ist.
03.01.2017 + 10 Tage (R.126(2) EPÜ) = 13.05.2017 (Samstag) > 15.05.2017 (Monatg; R.134(1) EPÜ); Antwort auf Mitteilung ist noch möglich
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 111, C-92 und EPÜ – Fristenscheibe 2016/17
Vorzunehmende Handlungen bis zum Ende der Frist: Zahlung der
Erteilungs- und Veröffentlichungsgebühr [915 €],
Übersetzung der Ansprüche in verbleibende zwei Amtssprachen (EN, FR),
etwaige Anspruchsgebühren zahlen
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 111, DI-92
Gezahlte Anspruchsgebühren werden angerechnet
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S.111, DI-92, Endnote 258 und S. 190, DI-311
Übersetzung der Ansprüche in FR und EN nötig, bis spätesten 15.05.2017
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 111, DI-92
Freitag – Frage 35
Eine Europäische Patentangelder wurde für einen Mandanten in Englisch im April 2014 eingereicht. Am 10. August 2016 wird eine Mitteilung gemäß Regel 71(3) EPÜ erhalten, die auf den 08. August 2016 datiert ist. Das EPA will ein Europäisches Patent für die Bestimmungsstaaten Luxemburg, Deutschland, Schweiz/ Lichtenstein und Norwegen erteilen. Die Beschreibung enthält 13 Ansprüche, denen der Anmeldet zustimmt.Gefragt war, innerhalb welchen Zeitraums welche Gebühren gezahlt werden müssen (a), innerhalb welchen Zeitraum die Übersetzung der Ansprüche beim EPA eingereicht werden müssen (b) und wenn der Hinweis auf Erteilung des Patentes am 21. Dezember 2016 veröffentlicht wird, bis wann die Übersetzung (und in welcher Sprache) beim nationalen Amt eingereicht werden muss (c).
Antwort
(a) Erteilungs-/Veröffentlichungsgebühr innerhalb von 4 Monaten ab Mitteilung: 08.08.2016 + 10 Tage = 18.08.2016 + 4M = 18.12.2016 (Sonntag) > 19.12.2016 (Montag) gem. R.134(2) EPÜ
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 111, DI-92 und S. 182, DI-282 und EPÜ – Fristenscheibe
(b) 19.12.2016, siehe a
(c) see national Law: LU, DE, CH/LI haben Deutsch als Amtssprache, keine Übersetzung erforderlich; Norwegen verlangt Übersetzung
Montag – Frage 36
Ein spanischer Einsprechender stützt seinen am letzten Tag der Einspruchsfrist auf Englisch eingereichten Einspruch gegen ein Europäisches Patent darauf, dass das Patent nicht neu gegenüber ein Japansiches Lehrbuchuch, unter genauer Angabe der relevanten Textpassagen, ist. Nach der Einspruchsfrist reicht der Einsprechende eine Kopie der relevanten Lehrbuchseiten und eine Spanische Übersetzung ein. Der Patentinhaber argumentiert, dass der Einspruch nicht zulässig ist, da die Argumente nicht belegt werden können und eine Übersetzung in eine der Amtssprachen des EPA zu spät ist.
Gefragt ist, ob der Einspruch zulässig ist (a) und ob er zulässig wäre, wenn nur grobe Kapitel des Japanischen Lehrbuches angegeben wären (b).
Gefragt ist, ob der Einspruch zulässig ist (a) und ob er zulässig wäre, wenn nur grobe Kapitel des Japanischen Lehrbuches angegeben wären (b).
Antwort
(a) Einspruch ist zulässig, da innerhalb der Einspruchsfrist Einspruchsgründe sowie Beweismittel genannt wurden (R.76 (2) EPÜ), Übersetzung von Beweismitteln auch nach Einspruchsfrist zulässig, ggf. nach R.83 EPÜ-Mitteilung
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 119, DI-108 und Rnr. 294 und S. 121, Rnr. 298
(b) ggf. wird Einspruch als nicht zulässig erachtet, da eine konkrete Angabe der Tatsachen/Beweismittel erfolgte
Dienstag – Frage 37
Ein Europäisches Patent bezieht sich in Anspruch 1 und den abhängigen Ansprüchen 1 bis 4 auf X und in den unabhängigen Ansprüchen 5 bis 9 auf Y. Ein Einspruch gegen die Erteilung des Patenten wurde nur gegen die Ansprüche 1 bis 4 eingelegt, gestützt auf die Tatsache, dass der Inhalt dieser Ansprüche gegenüber einem Dokument D1 nicht erfinderisch sind. Nach Ablauf der Einspruchsfrist reicht der Einsprechende ein weiteres Dokument D2 ein und argumentiert, dass der Inhalt aller Ansprüche nicht neu gegenüber diesem Dokument sind.Gefragt war nun, ob er damit Erfolg hat.
Antwort
Einspruch kann nur auf die innerhalb der Einspruchsfrist genannten Ansprüche gestützt werden (G9/91)Nachgereichtes Dokument D2 nur wenn prima facie relevant und generell nur gegen genannte Ansprüche, hier also nur gegen Ansprüche 1 bis 4 verwendbar
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 119, Rnr. 290 und 29
Mittwoch – Frage 38
Die Beschwerdekammer hat ein Europäisches Patent im Einspruchsverfahren, auf Grundlage eines vom Einsprechenden während der mündlichen Verhandlung hervorgebrachten Dokumentes, widerrufen. Zwei Jahre später erfährt der Patentinhaber, dass das Dokument gefälscht war.
Gefragt war nun, (a) was der Patentinhaber tun kann, (b) was passiert, wenn bereits ein Dritter das im widerrufenen Patent beschriebene Produkt produziert und (c) was der Patentinhaber tun kann, wenn er die unter (a) genannten Schritte nicht innerhalb der Frist unternommen hat.
Antwort
(a) Antragsstellung auf Überprüfung durch die Große Beschwerdekammer innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung der Beschwerdekammerentscheidung oder bis 2 Monate nach Feststellung der Straftat, aber bis maximal 5 Jahre nach Zustellung der Beschwerdekammerentscheidung
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 143, DI-171
(b) Produktion darf fortgesetzt werden (Art.112a(6) EPÜ)
(c) keine Weiterbehandlung, aber Wiedereinsetzung, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 143, DI-173 iVm S.156
Donnerstag – Frage 39
Während der Sachprüfung schlug die Prüfungsabteilung Änderungen vor, denen der Patentanmelder nicht zustimmte. Folglich wurde die Europäische Patentanmeldung zurückgewiesen. Der Anmelder reichte Beschwerde und gleichzeitig einen geänderten Anspruchssatz ein, in dem er die Vorschläge der Prüfungsabteilung berücksichtigt hat.
Gefragt war, ob die Entscheidung der Prüfungsabteilung zurückgenommen wird (a) und welche Frist ist hierfür maßgeblich bzw. ob die Beschwerdegebühr bei unverzüglicher Nachbesserung zurückgezahlt wird (b).
Antwort
(a) Abhilfe ist möglich, wenn: (1) ein einseitiges Verfahren vorliegt (Prüfungsverfahren ist ein solches) und (2) die Beschwerde zulässig und begründet ist.
Abhilfe durch das erstinstanzliche Organ (hier Prüfungsabteilung) ist zwingend, wenn mit der Beschwerde gleichzeitig Änderungen eingereicht werden, die die Einwände eindeutig gegenstandslos machen [T139/87; ABl.1990,68].
Dies ist hier der Fall, weshalb die Entscheidung durch die Prüfungsabteilung zurückzunehmen ist.
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 139, DI-156
(b) Die Frist für die Abhilfe beträgt 3 Monate nach Eingang der Beschwerdebegründung [Art.109(2) EPÜ] – eine nachträgliche Abhilfe ist nicht möglich [T778/06]
Rückzahlung der Beschwerdegebühr erfolgt nur, wenn (1) ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt (d.h. Wiederaufnahme der Prüfung) und das entscheidende Organ die Rückzahlung für billig erachtet [T939/95].
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 139, DI-156 und Rdn. 345
Freitag – Frage 40
Die Beschwerde des einzigen Beschwerdeführers (und Einsprechenden) ist zulässig eingelegt. Heute um 16:09 geht durch diesen einzigen Beschwerdeführer ein Fax beim EPA ein, mit dem er den Einspruch zurücknimmt. Am selben Tag geht 20:12 per Fax ein Antrag auf Beitritt zur Beschwerde ein und enthält die Aufforderung, sowohl die Einspruchsgebühr als auch die Beschwerdegebühr von einer angegebenen Bankverbindung einzuziehen.
Gefragt ist, wie die Rechtslage aussieht.
Antwort
Da die Beschwerde des einzigen Beschwerdeführers zulässig ist, erwirbt dieser eine selbstständige Beteiligtenstellung, wohingegen die übrigen Beteiligten der Vorinstanz (hier Einspruch) nur unselbstständig am Verfahren beteiligt sind [Art.107 S.2]. Letztere erwerben nicht das Recht auf Verfahrensfortführung, wenn der einzige Beschwerdeführer die Beschwerde zurücknimmt [G2/91] – somit gilt die Beschwerde mit Eingang der Rücknahmeerklärung um 16:09 als unmittelbar beendet [G7/91 und G8/91].
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 137, DI-152-154 und S.140, DI-161
Der Beitritt ist grundsätzlich jederzeit während eines anhängigen Beschwerdeverfahrens zulässig, wenn der Dritte nachweist, dass gegen ihn eine Verletzungsklage anhängig ist oder er eine negative Feststellungsklage erhoben hat [Art.105, R.89 EPÜ]. – Der Beitritt ist erst mit Entrichtung der Einspruchsgebühr wirksam [R.89(2) S.2 EPÜ] – eine Beschwerdegebühr muss der Beitretende nicht entrichten [Art.107 S.2; T144/95].
Problematisch ist hier nur, dass die Beschwerde am selben Tag zurückgenommen worden ist und mit Eingang der Rücknahmeerklärung die Beschwerde als unmittelbar zurückgenommen gilt. Zu prüfen ist daher, welches Ereignis zuerst eingetreten ist [T517/97]. Dies war hier die Rücknahme der Beschwerde um 16:09. Weil dem so ist, ist der Beitritt unwirksam.
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S. 141, DI-163 und Rdn.349