Es folgt eine Zusammenfassung unserer Antworten zur Woche 9 der Daily D Questions des EPA mit Hinweisen in das Buch Verfahrenspraxis EPÜ und PCT.
Montag – Frage 41
Nach Einlegen eines Einspruchs am 1. Dezember 2016, geht beim EPA am letzten Tag der Einspruchsfrist ein Abbuchungsauftrag ein, der die explizite Weisung enthält, einen Betrag von „775 €“ anstelle der „Einspruchsgebühr“ von dem Bankkonto des Einsprechenden einzuziehen.
Gefragt war, wie die rechtliche Situation des Einspruchs aussieht (a) und ob die Antwort anders ausfallen würde, wenn das Bankkonto lediglich eine Deckung von 775 € aufweisen würde (b)?
Antwort
(a) Die Einspruchsgebühr beträgt 785 € (Art.99(1), Art.2 Nr.10 GebO) und kann auch per Einzugsermächtigung entrichtet werden. Dabei muss der Abbuchungsauftrag den Zahlungszweck, Höhe der Zahlung und die Kontonummer aufweisen (Nr.6.3 VLK); Fehlbetrag bis 10% nach Auff. nachzahlbar [J11/85]; Somit ist die Einspruchsgebühr fristgerecht entrichtet und der Einspruch gilt als wirksam eingelegt (Art.99(1)).
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S.119, DI-108 iVm Rn.295 und S.187, DI-305
Bei unzureichender Deckung des angegebenen Kontos, wird der Abbuchungsauftrag nicht ausgeführt und die Gebühr gilt als nicht wirksam entrichtet (Nr.6.4 VLK). Somit gilt der Einspruch als nicht wirksam eingelegt (Art.99(1)).
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S.119, DI-108 und S.187, DI-305
Dienstag – Frage 42
Die Europäische Patentanmeldung EP-A1 ist 2012 wirksam eingereicht worden. Der Hinweis auf Erteilung des entsprechenden Patents EP-B1 wird am 7. Januar 2015 veröffentlicht.
Gefragt war, bis wann eine Teilanmeldung zur EP-A1 eingereicht werden kann (a), wie und wo diese eingereicht werden kann (b) und ob das Versäumnis eine Teilanmeldung rechtzeitig einzureichen durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung geheilt werden kann (c)?
Antwort
(a) nur solange die Europäische Anmeldung anhängig ist (Art.76(1), R.36(1) EPÜ. Dies ist bis 1 Tag vor Hinweis auf Erteilung des Patents (ABl.2002, 112). Also bis zum 6. Januar 2015. Irrelevant ist, dass an diesem Tag ein Schließtag ist (hier: Heilige Drei Könige; G1/09; J18/04)
(b) nur in Papierform per unmittelbarer Übergabe, Post, Fax oder Online-Einreichung (R.2(1), ABl.2009, 182); Einreichung nur beim EPA in München, Den Haag oder Berlin (Art.76(1), R.36(2) S.3 EPÜ).
(c) Nein, da die Teilanmeldung nur bis zum Eintritt einer spezifischen Bedingung (hier Anhängigkeit der Anmeldung) eingereicht werden kann; dieser stellt keine Frist iSv Art.122, die versäumt werden kann.
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S.79, DI-21
Mittwoch – Frage 43
Ein mittelständiges Unternehmen mit seinem Geschäftssitz in Andorra bittet Sie, das Unternehmen in einem Einspruch zu vertreten, in dem es Einsprechender ist und gegenwärtig von einer anderen Kanzlei vertreten ist. Die Verfahrenssprache ist Deutsch.
Zur selben Zeit werden Sie informiert, dass in ca. 2 Monaten eine mündliche Verhandlung stattfindet und dabei ein italienischer Sachverständiger als Mitarbeiter des Unternehmens daran teilnehmen soll. Dieser hat gute Englischkenntnisse.
Gefragt war, ob Sie in dem Verfahren als Vertreter tätig werden können, obwohl Sie noch keine offizielle Ermächtigung des Unternehmens erhalten haben (a) und ob bzw. in welchem Umfang der italienische Mitarbeiter an der Verhandlung teilnehmen kann (b)?
Antwort
(a) Ja, Sie können als Vertreter tätig werden. Auch bei Fehlen der Vollmacht in der mündlichen Verhandlung (MV), wird diese normal fortgesetzt. Allerdings ergeht eine Aufforderung, die Vollmacht innerhalb einer zu best. Frist nachzureichen. Wird die Frist versäumt, so gelten Handlungen, die vom Beteiligten vorgenommen worden, als nicht erfolgt (R.152(6) EPÜ)
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S.175, DI-265
(b) Ja, der italienische Mitarbeiter kann auf Antrag des Beteiligten bzw. dessen Vertreter in der MV aussagen (G2/94; G4/95) und dabei als Sachverständiger i.S.v. Art.117(1)(e) EPÜ vernommen werden. Der Mitarbeiter kann dabei Englisch sprechen (Art.14(1), R.4(1) EPÜ) oder auf Antrag bis einen Monat vor der MV auch Italienisch (R.4(3) EPÜ), wenn der Antragssteller selbst für die Übersetzung sorgt.
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S.147, DI-196 und S.173, DI-263
Donnerstag – Frage 44
Am 14. Dezember 2016 reicht ein Anmelder eine Europäische Patentanmeldung ein, die die Priorität einer nationalen Patentanmeldung beansprucht, welche am 17. Dezember 2015 eingereicht worden ist. Der Anmelder hat bis jetzt noch keine Kopie der nationalen Recherchenergebnisse übermittelt.
Gefragt war, ob das EPA den Anmelder auffordern wird, die Recherchenergebnisse nachzureichen, wenn:
- die frühere Anmeldung eine nationale australische Anmeldung ist?
- die frühere Anmeldung eine nationale spanische Anmeldung ist?
- die frühere Anmeldung eine nationale deutsche Anmeldung ist?
- die frühere Anmeldung eine nationale koreanische Anmeldung ist?
- die frühere Anmeldung eine nationale dänische Anmeldung ist?
Antwort
Der Anmelder muss bei Inanspruchnahme einer Priorität die Recherchenergebnisse zu der früheren Anmeldung vorlegen, wenn diese von einer nationalen Recherchenbehörde erstellt worden ist (R.141(1) EPÜ) und sobald diese vorliegen.
Das Erfordernis der Einreichung entfällt, wenn die prioritätsbegründende Erstanmeldung in einem der folgenden Staaten erfolgt ist: Dänemark, Österreich, Japan, Korea, Spanien, dem Vereinigten Königreich oder den USA (R.141(2) iVm ABl.2016, A19)
Liegen die Ergebnisse nicht vor, so fordert das EPA den Anmelder auf, diese nachzureichen (Art.124(1), R.70b(1)). Dies ist vorliegend nur der Fall für eine frühere Anmeldung in Australien oder Deutschland.
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S.89, DI-46 und S.107, DI-85
Freitag – Frage 45
Vor drei Wochen haben Sie eine Mitteilung des EPA mit der Aufforderung zur Zahlung von 5 weiteren Recherchengebühren für eine anhängige Patentanmeldung erhalten.
Ihr Mandant ist ein kleiner Erfinder, der gegenwärtig in Verhandlungen mit einem Großunternehmen steht. Das Unternehmen hat zugestimmt, alle erforderlichen Kosten zu übernehmen. Allerdings wird es die finanziellen Mittel erst in drei Monaten bereitstellen.
Dem Anmelder fehlen allerdings die finanziellen Mittel für die Recherchengebühren. Verschiedene Darlehnsanträge sind auch nicht genehmigt worden.
Gefragt ist, was nun getan werden kann.
Antwort
Bei mangelnder Einheitlichkeit fordert das EPA den Anmelder auf, für jede zusätzliche Erfindung eine weitere Recherchengebühren i.H.v. 1.300 € zu zahlen (R.64 EPÜ). DieFrist zur Zahlung der weiteren Recherchengebühren beträgt 10 Tage und zwei Monate nach R.64-Mitteilung.
Die Frist zur Zahlung weiterer Recherchengebühren ist von der Weiterbehandlung ausgeschlossen (R.135(2) EPÜ); Wiedereinsetzung ist zulässig (R.136(1) EPÜ). Wiedereinsetzung ist allerdings nur zulässig, wenn die Frist trotz Beachten aller nach den Umständen gebotenen Sorgfalt erfolgte – Dazu zählt auch plötzliche Zahlungsunfähigkeit (bspw. Nichtgewähr eines Darlehns oder Arbeitslosigkeit).
Alternativ kann eine Teilanmeldung eingereicht werden, solange die Europäische Anmeldung anhängig ist (Art.76, R.36 EPÜ).
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, S.107, DI-84 und S.155, DI-219