Und wieder ist eine Woche um. Diese Woche lag der Schwerpunkt der Daily D Questions des EPA auf Fragen zur Priorität. Wir konnten alle Fragen erstaunlich gut mit unserem Buch “Verfahrenspraxis EPÜ und PCT” lösen, seht selbst:
Montag – Frage 16
Ein vorliegender Verfahrensanspruch ist auf die Behandlung von Pflanzensamen gerichtet, um diese Widerstandsfähiger gegen Krankheiten zu machen. In der Beschreibung hingegen ist lediglich eine Ausführungsform offenbart, in der nur eine Pflanzensorte beschrieben wird und ein Hinweis darauf, dass das Verfahren auch auf andere Pflanzensorten angewendet werden darf.
Gefragt war nun nach drei Gründen, auf deren Grundlage das EPA diesen Anspruch beanstanden kann (a), ob diese davon beeinflusst werden, ob es sich um das Erteilungsverfahren oder das Einspruchsverfahren handelt (b) und wie der Anmelder auf diese Beanstandungen reagieren kann (c).
Antwort
(a) Art. 56 EPÜ: technischer Effekt, der zu den gewünschten Ergebnissen führt fehlt im Anspruch und damit kann die erfinderische Tätigkeit beansprucht werden
Art. 82 EPÜ: Anspruch ist möglicherweise zu breit, da möglicherweise nicht alle Pflanzenarten diesen Effekt bei der Behandlung mit dieser Methode zeigen
(b) während des Erteilungsverfahrens können alle drei Beanstandungsgründe hervorgebracht werden (Art. 56, Art. 83 und Art. 84 EPÜ),
Klarheit (Art. 84 EPÜ) ist kein Einspruchsgrund (Art. 100 EPÜ), lediglich Beanstandungen gem. Art. 56 EPÜ und Art. 83 EPÜ sind zulässig
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, Seite 117, DI-103
(c) Vorlage von Ergebnissen, die Anwendung auf andere Pflanzenarten belegen oder Anspruch auf die offenbarte Pflanzenart einschränken
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, Seite 36, B-19
Dienstag – Frage 17
Es galt vier gegebene Ansprüche dahingehend zu beurteilen, ob das EPA diese akzeptieren wird.
Antwort
(a) Bezüge zu Zeichnungen werden normalerweise nicht akzeptiert [R.43(6) EPÜ, F-IV, 4.17]
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, Seite 18, A-91
(b) Zum besseren Verständnis können die Bezugszeichen aus den Figuren/ der Beschreibung in den Patentanspruch aufgenommen werden, ohne dabei den Schutzumfang zu beschränken [R.43(7) EPÜ, F-IV, 4.19]
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, Seite 18, A-92 und Endnote 41
(c) Das Wort „konkret“ in Klammern wird im Anspruch nicht erlaubt sein, da es zum einen nicht klar ist und zum anderen auch kein Bezugszeichen darstellt
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, Seite 18, A-111-112
(d) Ausdruck „(Meth)acrylat…“ ist eine allgemein bekannte Bezeichnung und wird daher, wie auch mathematische Ausdrücke in Klammern, regelmäßig vom EPA akzeptiert.
Mittwoch – Frage 18
Eine Firma X reicht eine französische nationale Anmeldung A-FR ein und benennt I1 (aus Firma X) und I2 (aus Firma Y) als Erfinder. Später reicht Firma Y eine Europäische Patentanmeldung ein, beansprucht die Priorität der A-FR und benennt lediglich I2 als Erfinder.
Gefragt war nun nach der Situation (a), was getan werden könnte, wenn bis heute erst ein Monat seit der Einreichung der Europäischen Patentanmeldung vergangen wäre (b), ob die Situation anders wäre, wenn A-FR von X und die Europäische Anmeldung von X und Y gemeinsam eingereicht worden wären (c) und ob die Situation eine andere wäre, wenn A-FR von X und Y gemeinsam und die Europäische Anmeldung lediglich von Y eingereicht worden wäre.
Antwort
(a) Priorität der A-FR wurde nicht wirksam in Anspruch genommen, da weder ein Rechtsübergang der früheren Anmeldung A-FR noch eine Übertragung des Prioritätsrechts erfolgt ist (Art.87(1) EPÜ), das wirksame Datum der Europäischen Patentanmeldung ist das Datum der Einreichung der Europäischen Patentanmeldung
(b) Nachträgliche Übertragung der Rechte nicht mgl.
(c) Ja, X kann allein oder mit weiteren Anmelder die Priorität der A-FR beanspruchen, eine Übertragung von Rechten ist nicht nötig; das wirksame Datum der Europäischen Patentanmeldung ist das Datum der Einreichung der A-FR
(d) Die Situation ist gleich der unter (a), Rechte hätten von X an Y übertragen werden müssen
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, Seite 93, Figur 6
Donnerstag – Frage 19
Zunächst wurde eine deutsche Patentanmeldung DE1 eingereicht. Zwei Monate später, nachdem die DE1 zurückgenommen wurde, wurde eine deutsche Anmeldung DE2 mit dem selben Inhalt wie der der D1 eingereicht. Sechs Monate später wird eine EP1 eingereicht, die die Priorität der DE2 beansprucht. Weitere 2 Monate später wird eine EP2 eingereicht, die die Priorität der DE1 beansprucht, eingereicht.
Gefragt war welche Priorität(en) wirksam beansprucht wurden.
Antwort
EP2: nimmt die Priorität der DE2 wirksam in Anspruch, da sie rechtzeitig eingereicht wurde und gemäß Art.87(4) EPÜ als die erste Anmeldung gilt
EP1: nimmt die Priorität von DE1 nicht wirksam in Anspruch, da DE1 nach Art.87(4) EPÜ nicht mehr als Basis für die Beanspruchung einer Priorität dienen kann
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, Seite 93 ff.
Freitag – Frage 20
Eine am 19.10.2016 eingereichte Europäische Patentanmeldung nimmt die Priorität zweier nationaler Anmeldungen, eingereicht am 19.10.2015 und am 10.03.2016 in Anspruch.
Gefragt war, bis wann der Prioritätsbeleg (a) eingereicht werden muss und was der Anmelder tun kann, wenn er am 7.03.2017 bemerkt, dass er vergessen hat den Prioritätsbeleg einzureichen.
Antwort
(a) Einreichung des Priobeleges bevorzugt mit Einreichung der ePa (R.52(2) EPÜ), noch bis 16 M nach frühestem Priotag: 19.10.2016 + 16M = 19.02.2016 (Sonntag) = Verlängerung gem. R.134(1) EPÜ auf den 21.02.2016 (Montag)
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, Seite 94, DI-58
(b) 16 Monatsfrist ist vorüber, aber Berichtigung der Prioritätserklärung ggf. mgl. vor Veröffentlichung (R.139 EPÜ)
Veröffentlichung erfolgt am: 10.10.2016 + 18 M = 19.04.2017, technischen Vorbereitungen zur Veröffentlichung abgeschlossen am:
19.04.2017 – 5 Wochen = 15.03.2017, Demnach ist eine Korrektur noch mgl. (J13/82)
ggf. WE beantragbar, wenn Voraussetzungen dafür erfüllt sind
Verfahrenspraxis EPÜ und PCT, Seite 102, DI-72