Dieser Beitrag ist Teil der Serie “One Decision – Two Perspectives”, bei der eine Entscheidung von zwei verschiedenen Autoren aufgearbeitet wird. Lesen Sie dazu auch den ersten Beitrag von Ulrich Hildebrandt.
In seiner zweiten und wohl letzten Entscheidung in dieser Sache befasst sich der 1. Zivilsenat des BGH mit den Anforderungen an die originäre Unterscheidungskraft dreidimensionaler Warenformmarken in Warengebieten mit unüberschaubarer Formenvielfalt wie Schokoladenwaren. Im Übrigen trifft er die bemerkenswerte und seltene verfahrenrechtliche Anordnung, die Sache wegen einer Häufung von Rechtsfehlern zur anderweitigen Verhandlung an einen anderen als den zuvor damit befassten Senat des BPatG zurückzuverweisen.
Leider ist der Zeitraum für diese Gewinnmöglichkeit abgelaufen.
Entscheidung
BGH I ZB 39/16 Beschluss v. 06.04.2017
Relevante Rechtsnormen
§§ 50, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
Sachverhalt
Der BGH befasst sich in diesem Schutzentziehungsverfahren mit der Unterscheidungskraft einer international registrierten dreidimensionalen Marke für Schokoladenwaren. Die Löschungsabteilung des DPMA hatte den Schutzentziehungsantrag zurückgewiesen, das BPatG hatte ihm wegen Unbestimmtheit der Marke stattgegeben. Nach Aufhebung des Beschlusses durch den BGH hatte das BPatG im wiedereröffneten Verfahren der Marke erneut den Schutz teilweise für Schokoladewaren mangels Unterscheidungskraft entzogen, weil bei Schokoladewaren eine große und nahezu unüberschaubare Formenvielfalt existiert, von dem sich diese Form nicht durch eine besondere Ausgestaltung abhebe. Vielmehr entstammten ihre Merkmale dem bekannten Formenschatz von Schokoladewaren und wichen weder einzeln noch in Kombination erheblich von der Branchenüblichkeit ab.
Bisherige Rechtsprechung
Die Unterscheidungskraft dreidimensionaler Warenformen erfordert in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung von EuGH und BGH ein erhebliches Abweichen der Form vom branchenüblichen Formenschatz.