Erteilt der Verletzungsbeklagte die Auskunft, zu der er erstinstanzlich verurteilt worden ist, im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens auf der Grundlage des vorläufig vollstreckbaren Urteils oder zur Abwendung eines solchen Vollstreckungsverfahrens, so tritt dadurch keine Erfüllung im Sinne von § 362 BGB ein. Eine derartige Auskunftserteilung führt dementsprechend auch nicht dazu, dass sich der eingeklagte Auskunftsanspruch in der Hauptsache erledigt. Erst mit der Rechtskraft des Auskunftstitels sind die besagten Rechtsfolgen (Erfüllung und Erledigung) verbunden.
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Entscheidung
OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2017, I-2 U 81/16 (unveröff.)
Relevante Rechtsnormen
§ 888 ZPO
Sachverhalt
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen erstinstanzlichen Titel unter anderem auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung wegen Patentverletzung erstritten. Während des laufenden Berufungsverfahrens veranlasst der Kläger die Beklagte durch ein von ihm eingeleitetes Zwangsmittelverfahren (§ 888 ZPO), die Auskünfte zu erteilen. Muss der Kläger seinen Auskunftsanspruch daraufhin für in der Hauptsache erledigt erklären?
Entscheidungsgründe
Der Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung ist nicht dadurch erloschen, dass die Beklagte im Rahmen des von der Klägerin auf der Grundlage des landgerichtlichen Urteils eingeleiteten Zwangsvollstreckungsverfahrens die begehrten Auskünfte erteilt und Rechnung gelegt hat. Einer Erledigungserklärung der Klägerin bedurfte es dementsprechend nicht.
Die Erbringung einer Leistung zwecks Abwendung der Zwangsvollstreckung stellt keine Erfüllung im Sinne des § 362 BGB dar. Sofern der Schuldner nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, erfolgt die Leistung im Fall der Vollstreckung aus einem nur für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil lediglich unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintrittes (BGH, NJW 1985, 2405, 2407; NJW 2014, 2199, 2200; OLG Karlsruhe, Urt. v. 09.12.2014, Az.: 8 U 187/13; Fetzer in MüKo BGB, 7. Aufl., § 362 Rz. 28; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 362 Rz. 15; a.A.: OLG Köln, Urt. v. 10.02.2010, Az.: 2 U 64/09; Löwisch in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, § 362 Rz. 33). Dies gilt auch für unter dem Druck der Zwangsvollstreckung erteilte Auskünfte (BGH, NJW 1985, 2405, 2407). Dem steht nicht entgegen, dass die einmal mitgeteilten Tatsachen nunmehr im Wissen der Klägerin stehen. Die Auskunftserteilung und Rechnungslegung ist eine Wissenserklärung, die grundsätzlich schriftlich erteilt werden muss (BGH, NJW 2008, 917). Mithin erschöpft sich die Pflicht zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung nicht in der bloßen Wissensvermittlung, sondern enthält auch die Pflicht zur Übergabe eines Schriftstücks, also einer körperlichen Sache, die zurückgefordert werden kann. Die schriftlich verkörperte Erklärung des Schuldners ist insbesondere auch im Verfahren über die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung der maßgebliche Bezugspunkt. Überdies hat der Gläubiger eines Auskunftsanspruchs auch nach Erhalt der Auskunft noch ein schutzwürdiges Interesse an einer rechtskräftigen Entscheidung über das Bestehen des Auskunftsanspruchs. Ohne eine solche rechtskräftige Entscheidung, an der es zumindest bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung fehlt, könnte der Schuldner des Auskunftsanspruchs die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, sofern der Auskunftsberechtigte eine Solche verlangt, schon mit der Begründung verweigern, er sei bereits zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet gewesen und somit auch nicht zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Der Auskunftsberechtigte müsste dann im Verfahren über die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erneut die Voraussetzungen für das Bestehen seines Auskunftsanspruchs darlegen und ggf. beweisen. Dass dies weder prozessökonomisch noch dem Auskunftsverpflichteten zumutbar ist, liegt auf der Hand (so auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 09.12.2014, Az.: 8 U 187/13).
Konsequenz
Keine voreilige Erledigungserklärung abgeben!