Sortimenter (wie Baumärkte) haften nur dann auf Schadenersatz wegen Patentverletzung, wenn es sich bei dem in ihr Vertriebsprogramm übernommenen Produkt um einen technischen Gegenstand handelt, von dem angenommen werden muss, dass er mit technischen Schutzrechten versehen ist.
Zum Urteil
OLG Düsseldorf I-2 U 6/13, Urteil vom 08.12.2016
Relevante Rechtsnormen
§ 139 Abs. 2 PatG
Sachverhalt
Das Klagepatent befasst sich mit einer LED bestimmter Konstitution. Die Beklagte betreibt einen Baumarkt. Während der Vorweihnachtszeit hat sie verschiedene, von ausländischen Herstellern bezogene Weihnachts-Dekorationsartikel vertrieben, die mit patentgemäßen LED bestückt waren.
Bisherige Rechtsprechung
Da sich grundsätzlich jeder Gewerbetreibende vor Aufnahme einer Benutzungshandlung nach etwa entgegenstehenden Schutzrechten dritter zu vergewissern hat und die erfolgte Patenterteilung in allgemein zugänglichen Quellen (Patentregister) bekannt gemacht wird, kann aus dem Vorliegen einer rechtswidrigen Patentbenutzung regelmäßig auch ein zumindest fahrlässiges Verschulden geschlossen werden. Das gilt uneingeschränkt für herstellenden Unternehmen, sondern prinzipiell in gleicher Weise für einen Händler mit Branchenspezialisierung.
Entscheidungsgründe
Ob für einen Sortimenter, zu dessen Vertriebsprogramm eine große Vielzahl unterschiedlichster Produkte gehört, dieselben Sorgfaltsanforderungen gelten, kann dahinstehen. Ein Verschulden ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Sortimenter (z.B. aufgrund einer Verwarnung oder dergleichen) konkrete Hinweise auf eine Schutzrechtsverletzung durch von ihm vertriebene Produkte hat oder wenn sich dem Sortimenter mit Rücksicht auf den technischen Gegenstand aufdrängen muss, dass technische Schutzrechte betroffen sein können. Muss die Warengattung – wie dies bei der LED-Technologie der Fall ist – die Möglichkeit eines Patentschutzes nahe legen, hat sich der Sortimenter bei seinem Lieferanten oder beim Hersteller danach zu erkundigen, ob die Schutzrechtslage für das vorgesehene Vertriebsgebiet fachkundig geprüft worden ist. Wird dies zugesichert, mag sich der Sortimenter grundsätzlich auf die ihm gegebene Auskunft verlassen können, es sei denn, die Unzuverlässigkeit des Lieferanten ist ihm aus anderem Zusammenhang bekannt oder erkennbar. Verweigert der Lieferant eine diesbezügliche Zusage, muss der Sortimenter selbst prüfen.
Anders (im Sinne einer zur Patentverletzung führenden Zurechnung) läge der Sachverhalt dann, wenn der Patentanspruch außer der Diagnose auch deren anschließende Bekanntgabe an den Patienten umfassen würde. Unter derartigen Umständen würden der erste und der letzte Verfahrens- schritte im Inland vollzogen, wobei die ausländischen Zwischenakte sowohl auf der inländischen Vorarbeit (Probenentnahme) aufbauen als auch deren Erträge durch den letzten inländischen Akt (Mitteilung der gestellten Diagnose an den Patienten) für die Erzielung des Erfindungserfolges genutzt würden, was es rechtfertigt, sie dem Inländer so zuzurechnen, als hätte er die Zwischenschritte selbst im Inland durchgeführt.