Keine Kostenerstattung bei zu schnellem Bürgschaftsauftrag

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Die Kosten der Beschaffung einer Bürgschaft zwecks vorläufiger Vollstreckung eines landgerichtlichen Urteils können im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden, wenn sie im Zeitpunkt der kostenauslösenden Maßnahme notwendig waren.

Zum Urteil

OLG Düsseldorf, I-15 W 12/17, Beschluss vom 04.04.2017, (unveröff.)

Relevante Rechtsnormen

§ 788 ZPO, § 91 ZPO

Sachverhalt

Mit Urteil vom 08.12.2015 verurteilte das Landgericht die Beklagte wegen Patentverletzung, wobei das Urteil gegen Leistung einer Sicherheit für vorläufig vollstreckbar erklärt wurde. Am 15.12.2015 erteilte die Klägerin gegenüber ihrer Bank den Auftrag zur Übernahme einer Bürgschaft. Am 28.12.2015 beantragt sie eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils, welche sie am 29.12.2015 erhielt. Das der Beklagten am 17.12.2015 zugestellte Urteil wurde am 17.01.2016 rechtskräftig. Die Ausstellung der Bürgschaftsurkunde erfolgte am 19.01.2016. Nach Rechtskraft betrieb die Klägerin die Zwangsvollstreckung.

Bisherige Rechtsprechung

Die Kosten der Beschaffung einer Bürgschaft können (Vorbereitungs-)Kosten der Zwangsvollstreckung i. S. d. § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO sein, oder, wenn die Zwangsvollstreckung erst nach Rechtskraft des Urteils betrieben wird, allgemeine Verfahrenskosten i. S. d. § 91 Abs. 1 ZPO darstellen (OLG Düsseldorf, I-2 W 51/11, Beschluss vom 20.12.2011; OLG Düsseldorf, OLG-Report 2009, 262; OLG Koblenz MDR 2004, 835). Im einen wie im anderen Fall sind die Kosten einer zur Ermöglichung der Zwangsvollstreckung beigebrachten Bürgschaft gem. §§ 103 Abs. 2, 104, 107 ZPO (nur) gerichtlich festzusetzen, soweit es sich um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung gehandelt hat (BGH, NJW 2012, 3789).

Kostenauslösende Maßnahmen des Gläubigers, die der Zwangsvollstreckung dienen, sind notwendig, wenn der Gläubiger sie bei verständiger Würdigung der Sachlage im Zeitpunkt ihrer Vornahme zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte (BGH, NJW 2012, 3789; BGH NJW 2010, 1007; BGH, NJW-RR 2003, 1581). Hierzu ist weder die Bewirkung der Zustellung des vorläufig vollstreckbaren Titels an den Schuldner noch regelmäßig eine vorherige Erkundigung beim Schuldner, ob er den Urteilsausspruch freiwillig befolgen möchte, erforderlich (OLG Düsseldorf, I-2 W 51/11, Beschluss vom 20.12.2011).

Entscheidungsgründe

Gleichwohl war die kostenauslösende Maßnahme, der Auftrag zur Übernahme der Bürgschaft, vorliegend nicht notwendig i. S. d. § 91 Abs. 1 ZPO bzw. § 788 Abs. 1 ZPO. Im Zeitpunkt ihrer Vornahme war die Klägerin nämlich noch nicht im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels und der Beklagten hatte zudem auch noch keine nach den Umständen des Einzelfalls angemessene Frist zur freiwilligen Leistung (in der Regel 14 Tage) zur Verfügung gestanden. Beides ist indes erforderlich; auch wenn aus anwaltlicher Vorsicht bei einem internationalen Kontext und der Größenordnung der angeordneten Sicherheitsleistung eine „möglichst frühzeitige Beantragung“ der Bürgschaft geboten gewesen sein sollte.

Da es für die Frage der Notwendigkeit auf den Zeitpunkt der kostenauslösenden Maßnahme ankommt, sind spätere Nachfragen der Klägerin bei Gericht dazu, ob gegen das Urteil Berufung eingelegt worden ist, ohne Belang. Erfolgen die Nachfragen überdies nach Eintritt der Rechtskraft sind sie mit Blick auf die Bürgschaft auch deshalb ohne Relevanz, weil die Notwendigkeit der Stellung der Prozessbürgschaft seit Rechtskraft des Urteils nicht mehr gegeben ist.

Konsequenz

Es ist in jedem Fall so lange mit dem Auftrag für eine Bürgschaft zuzuwarten bis der Gläubiger im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels ist und dem Schuldner eine ausreichende Wartefrist zugestanden wurde.

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